Frage: Michi, letztes Jahr hast Du die Mannschaft auf dem abschließenden Zeitfahren kraftvoll auf Platz 10 gefahren, dieses Jahr sitzt Du im Begleitfahrzeug. Wie kommt es zu dieser Änderung der Position?
Anwort: Als liebevoller Lebensabschnittspartner und williger Schichtarbeiter gibt es eine Menge Dinge, die man unter eine Bettdecke bekommen muß. Das lässt sich nicht immer mit dem erforderlichen Trainingspensum in Einklang bringen. Die endgültige Entscheidung brachte eine sehr spitze Rechtskurve zwischen Kalkreuth und Ebersbach. Es ist alles wieder gut verheilt, aber die Moral hat halt einen Knacks mitbekommen.
F.: Unterscheiden sich die Erzählungen deiner Fahrer von Deinen Eindrücken?
A.: Ich sehe das Rennen schon aus einer anderen Perspektive. Das Feld erscheint sehr organisch und erinnert oft an einen Fischschwarm. Wenn die führenden Fahrer das Feld auf die Windkante nehmen, halte ich in manchen Kurven schon mal die Luft an, weil ich die Enge im Feld mitfühlen kann.
Die Attacken und Konter sehe ich leider nur auf den langgestreckten Geraden oder wenn sich eine Endmoräne in den Weg stellt. Sobald die ersten Fahrer hinten rausfallen, wird der Abstand zum Feld sehr lang und ich bin auf meine Phantasie und einen kurzen Blick zwischen den Bäumen hindurch angewiesen..
F.: Wird Dir langweilig, so allein im Auto?
A.: Über Funk kommen immer die Statusmeldung zum Rennverlauf. Und es werden die Fahrer mit Defekt durchgegeben.
Heute früh hat es bei Kilometer 5 Rudi erwischt, ein Kettenklemmer warf ihn zurück zu mir. Es dauerte dann eine ganze Weile bis er wieder im Feld verschwinden konnte, zwischenzeitlich sah es nach einem vorzeitigen Rennende für ihn aus. Ich musste ihn kurz ans Fenster nehmen, um ihm gut zu zureden. Mit dem Schwung und der Motivation gelang ihm dann der Anschluß. 40 Kilometer später sah ich ihn im trauten Gespräch mit Dirk und wusste, dass er sich wieder erholt hatte.
F.: Im Fahrerfeld kursiert das Gerücht, Du würdest Dich vor den Schmerzen einer Tätowierung scheuen und deshalb auf den Start verzichten?
A.: jahrelang bin ich mit Matze Mountainbike gefahren. Seit der Zeit verbindet uns vieles, was nicht für eine breite Öffentlichkeit bestimmt ist.....
F.: ... hhrrrmmm ....hhhrrrrmmm ... P18?
A.: ......manchmal habe ich den Eindruck die Jugend von heute versucht mit ihren Hautmalereien von den Löchern im Trikot und Hose abzulenken. Es gibt Fahrer im Feld, die geben ziemlich tiefe Einblicke durch faustgroße Löcher auf üblicherweise bedeckte Hautpartien. Hamburg bietet im Hinblick auf Teamkleidung offensichtlich ein sehr tolerantes Pflaster.
F.: Was erwartest Du von der heutigen Etappe?
A.: Gestern haben meine Jungs die Spitzengruppe verschlafen. Wir waren eine der wenigen Mannschaften ohne einen Fahrer vorn. Dirk setzte seine Stimmbänder im gesamten Frequenzspektrum ein und zwang damit sogar Fahrer, in den Wind, deren Mannschaften vorn vertreten waren. Trotz intensiver Unterstützung durch Rudi und Jantel reichte es nur auf Sichtweite an die Spitzengruppe heran. Matze hat es mit einer Alleinfahrt auf den letzten 8 Kilometern versucht. Er wurde in einer dramatischen Aufholjagd 50 Meter vorm Ziel gestellt. Leider.
Heute gilt es also die Schlappe von gestern auszubügeln. Die Strecke heute bietet mit dem 3 mal zu fahrenden 12prozentigem Anstieg und zahlreichen Pflasterstücken genügend Potential für erfolgreiche Ausreißergruppen und sollte Picco und Matze liegen. Diesmal muß jemand von uns dabei sein. Ansonsten gehen heute einige ohne Abendbrot und Gutenachtkuss ins Bett.
F.: Pflaster klingt nach vielen Defekten?!
A.: Ich hoffe auf den 120 Kilometern im Auto sitzen bleiben zu können. Die Jungs müssen zusehen vorn ins Pflaster reinzugehen. Insgesamt beläuft sich die Pflasterstrecke auf 3,5 Kilometer. Das wird Körner kosten. Die falsche Position kann hier wertvolle Minuten kosten.
Wir drücken Dir und Deinen Fahrern die Daumen.