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300 km Vorbereitungsbrevet Paris-Brest-Paris

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Um 4.20 Uhr am Morgen sollte mich der Wecker aus der kurzen Zeit im Traumland reißen, doch dazu kam es erst gar nicht, weil ich die ganze Nacht nur schlecht schlief, wohlwissend, dass die Nacht mit knapp 5 Stunden einfach nur kurz sein wird. Also nix für Studenten!

Den Kaffee für die Fahrt in meinen Thermosbecher gefüllt, stand kurz nach 4.30 Uhr auch schon Jonny vor der Tür. Nach einem kurzen Schwenk zu Martin führte unser Weg über die Autobahn, Jonny und Martin bereits zum zweiten Mal, nach Bennewitz. Was, kennt Ihr nicht? Ich kannte es bis dato auch nicht. Es ist ein kleiner, verschlafener Ort an der Mulde westlich von Wurzen.

Das Vorhaben:

Es gibt da ja so eine kleine Langstreckengemeinde in unseren Reihen, die sich für dieses Jahr große oder besser lange Ziele gesteckt hat: Paris – Brest – Paris. Das Dumme nur. Jeder der sich dieser Langstreckenwickelei von ca. 1.000 km hingeben möchte - keine Ahnung wie viele Kilometer es genau sind – muss sich über 4 Vorbereitungsbrevets  [Brevet (franz.) m 1. Diplom, Zeugnis; 2. Patent] erst einmal qualifizieren. Nachdem Rudi und die beiden bereits benannten Haudecken sich vor ca. 5 Wochen bei Temperaturen um 3°C und Dauerregen 200 km um die Ohren schlugen, wollten wir uns bei schönstem Wetter, Sonnenschein und ein wenig Ostwind auf die 300 km lange Distanz begeben.

Gestärkt von Jonnys Fleischbällchen sowie verführt von Martins Zwiebelkuchenduft, die 300 km so schnell wie möglich abzuspulen, begaben wir uns in die Bennewitzer Turnhalle zum Umziehen. Es herrschte bereits reges Treiben vor und zahlreiche Räder mit Triaaufsätzen, mit Packtaschen von Gr. XXS – Gr. Lenkertasche oder Rucksack machten mir noch mehr Angst, so dass mir Bange war, richtig daran getan zu haben, Zelt, Schlafsack und Isomatte zu Hause gelassen zu haben.

Nachdem der Organisator letzte Einzelheiten über die Strecke benannt hatte, so zum Bsp. einen ominösen Kopfsteinpflasterabschnitt, an dem er Bilder machen wolle, weil er das Flair von Paris-Roubaix vermittele, und die letzte Zigarette aufgeraucht war, konnte es für knapp 40 Aspiranten/Innen kurz nach 7 Uhr losgehen. Aber wohin eigentlich?

Der Veranstalter hat eine 300 km lange Strecke zusammengestellt, welche über 5 Stempel in einem mitgegebenem Stempelheft nachgewiesen werden musste. Keine Angst! Die Stempel mussten nicht bei der Polizei abgeholt werden, so dass man schließlich, wie zu DDR-Zeiten, am letzten Kontrollpunkt seinen Führerschein entzogen bekam. Über einen Streckenplan mussten die Kontrollpunkte angesteuert werden. Wer Ortskenntnis besaß war im Vorteil! Ich hatte sie nicht, hatte keine Karte, kein Stempelheft, nur das Ziel, eine längere Grundlageneinheit zu bestreiten. Zu meiner großen Verwunderung ging’s anfangs recht geordnet in Zweierreihe der ersten Kontrollstelle in Bad Düben entgegen. Leichter Rückenwind, die morgendliche Kälte sowie die Gewissheit, noch einige Kilometer vor uns zu haben, ließen uns die Strecke mit moderatem Tempo anfahren. Diffizile Ortsdurchfahrten wurden durch einen in Euskatel-Bekleidung fahrenden Randonneur gelöst. Wenn er nicht weiter wusste kam „GPS“ ins Spiel. Na nicht das, was Ihr verwöhnte Autofahrer alle kennt bzw. ohne welches Ihr nicht mehr weiter wüsstet. „GPS“, ein lockiger, durch und durch in Rot gehaltener Fahrer, hatte ganz klassisch eine Kartenkopie an seiner roten Lenkertasche befestigt. So begab es sich, dass in größeren Abständen das Feld mitten auf freier Strecke mit großem Geschrei gestoppt wurde und nach Umkehr zum letzten Kreuzungspunkt durch „GPS“ auf den richtigen Weg gewiesen wurde. Danke! Nachdem unser „GPS“ zwischen Riesa und Meißen wohl kurzzeitig nur 2 Satelliten gefunden hatte, kam es doch zu einem kleineren Umweg. Jonny versuchte, den zeitlichen Verlust durch eine Zeitfahreinlage vor dem Feld mithilfe eigenartigerweise magnetartig  hinzugekommener Fahrer wettzumachen. Nachdem ich in Front des Hauptfeldes meinen Mitfahrer darauf aufmerksam gemacht hatte, dass es doch Spaß mache das bunte Treiben der rund um Jonny taumelnden Fahrer zu beobachten und unser Tempo dabei konstant beizubehalten, konnte der größere Teil des Feldes nach 150 km pünktlich gegen 12.45 Uhr zur Mittagspause in der Meißener Aral-Tankstelle eintrudeln.

Das Verwerfen meiner Überlegung, dass der Weg von Meißen nach Dresden nicht mehr lang sei, wurde durch die Fahrt durchs wunderschöne Triebischtal sowie darauffolgende, die Strecke etwas abwechslungsreicher gestaltende Anstiege, belohnt. Bis dato konnte ich mir schöneres Vorstellen als noch mal 150 km à la Riesa-Großenhain zu fahren, ohne zu wissen, wo der Tellerrand ist.

Die Sonne erwärmte uns so sehr, dass der Platz für die überflüssigen Kleidungsstücke in den Trikottaschen langsam rar wurde. So beobachtete ich einige Fahrer/Innen, die diesen Kampf des Verstauens gar nicht erst aufnahmen, sondern, wahrscheinlich in der Hoffnung auf kühleres bzw. schlechteres Wetter, Neoprenüberschuhe, Handschuhe und Wintermützen bei Temperaturen über 15°C einfach anbehielten ... Aber auch dieser zweite, wirklich schöne Abschnitt, rund ums Muldental  sollte sich dem Ende neigen, da der Tacho bei Grimma dann schon über 250 km anzeigte. So ergab es sich, dass wir sowie ein Kollege von Team Köstritzer den Weg nach Bennewitz ebneten, oder zumindest ein wenig Windschatten bis dahin bieten konnten.

Gegen 19 Uhr in Bennewitz schnell den letzten Stempel fürs Büchlein abgeholt und ab unter die Dusche im Sportlerheim. Ein durch den Veranstalter herzlich bereitetes Büfett weckte in manch einem wieder die Lebensgeister und ließ, bezirzt sicherlich auch durch Fleischbällchen und Zwiebelkuchen, manche Heldentaten der vergangen 12 Stunden Revue passieren.

Alles in allem empfand ich den Brevet als eine gelungene Veranstaltung, bei dem sicher noch die Pausenzeiten optimiert werden könnten, so dass man(n) noch mehr vom Tageslicht hat. Der knappe 31er-Schnitt bezieht sich entsprechend auf die reine Fahrzeit, welche durch umfangreiche Verköstigung von knapp 40 Mannen und einer Frau um knapp 2 Stunden erhöht wurde. Die Fahrt über landschaftlich abwechslungsreiche Strecken sowie viele kleine Straßen, die wir ohne „GPS“ wohl nicht alle gefunden hätten, hat sehr viel Spaß gemacht. Am Rande notiert seien noch die Teilnahme einer Frau, die nach eigener Aussage zwar Leichtathletin ist sonst aber fast nie auf dem Rennrad sitzt sowie die Ankunft zweier Mannen kurz vor Mitternacht!

Wer nun Lust auf mehr - ?noch mehr! – bekommen hat, wende sich zuversichtlich an Martin oder Jonny, welche sich wohl am 21. April frohgemut auf die 400 km lange Strecke begeben werden. 

Soweit

Mischka

... ach ja 600 km über den Brocken stehen wohl zu guter Letzt als Vorbereitung auch noch aus!

 

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