Vorher – nachher: Ein langer Anfänger-Blick auf die kurze Strecke
So, dies sollte nun mein zweites richtiges und erstes größeres Radrennen werden. Erst im November hatte ich mir ein gebrauchtes Rennrad zugelegt – mit einer Ausstattung die mir schon manches mitleidiges Lächeln brachte. Aber es sollte ja nur erst mal zum Probieren gedacht sein, ich konnte ja nicht ahnen, dass es mir solchen Spaß machen würde ;)
Schon Wochen vorher hatte ich mit mir gerungen, ob ich mir den Erdgas-Race-Day zutrauen soll. Als ich mich dann endlich entschieden hatte, die 64km mitzufahren, wurde die Strecke geändert…. Klar, nun waren nur noch 59km zurückzulegen aber das Höhenprofil wurde (für mich) wesentlich anspruchsvoller. Da war ich wieder am Anfang meiner Überlegungen angekommen. Michi meinte noch, ich würde bei dem Höhenprofil definitiv keinen Spaß haben und sollte es doch lieber lassen. ;) Das spornte natürlich noch mehr an! Also hieß es: Strecke vorher abfahren und danach entscheiden, das hatte ja bei Sebnitz auch gut geklappt.
Die Strecke bis Bärenstein und Altenberg lief ganz gut aber auch anstrengend. Hier und da mal angehalten (Sandra war noch nicht mal richtig warm aber Anne und ich schon etwas außer Puste…) und ab ging’s in die Auf- und Abfahrten. In die Bobbahn konnten wir nicht direkt einfahren, sie war geschlossen – also begaben wir uns auf den weitaus angenehmeren Schlängelweg neben der Bahn entlang nach oben. Ok, dachte ich mir, das war ja alles machbar – sollte ich nun mitfahren oder nicht??? Zumal wir ja im Rennen nicht den schicken Weg neben der Bahn nehmen mussten sondern den richtig steilen in der Bahn…(hätte ich DEN Weg vorher gesehen…..) Danach folgten noch ein paar schöne gerade Sprintstrecken durch den Wald und wir machten uns auf den Heimweg. Noch ein paar ermutigende Worte meiner besseren Hälfte folgten und ich füllte die Anmeldung aus. Gaaanz mutig trug ich 27km/h als Durchschnitt ein….utopische Werte für mich, im Training schaff ich grad mal 24. Na gut, dann soll’s eben so sein.
Der 23.7. kam näher und auch die Frage, wie denn der Bobbahn-Berg sein wird. Gerüchte kamen auf, dass es keinen schlimmeren Berg gäbe als diesen…supi – das baute mich richtig auf und gab mir unendlich Mut. Aber ich war nun eh angemeldet und konnte und wollte nicht mehr zurück. Noch fix am Vortag die Startunterlagen abgeholt und ab da kam auch die Nervosität. Noch etwas unklar war, wie der Fahrradtransport ablaufen sollte, denn die kurze Strecke startete nicht in Dresden sondern in Bärenstein.
Am Sonntag am Rathaus angekommen wurde mein gelb-schwarzer Flitzer von René D. in den LKW geladen. Tschüs… Noch schnell die Jungs von der langen Strecke verabschiedet und schon saßen wir im Bus nach Bärenstein. Leider fuhren die Busse zu spät los und so mussten wir hinter den Radlern herzuckeln. Hinter Dohna bogen sie dann links über die Autobahn ab und weiter ging die Fahrt. Die Aufregung stieg. Die Gespräche, die man noch so eifrig geführt hatte, um die Aufregung zu unterdrücken, verstummten langsam aber merklich. Jeder war nur noch mit sich und den Gedanken an den Start beschäftigt. Dann: erste Regentropfen auf der Busscheibe! Die vorher so leisen Mitfahrer murmelten vor sich hin: “ich hab keine Regenjacke mit”, “Mist”, “ich bin zu kalt angezogen”, “das wird glatt”, …..Auch ich hoppelte nun auf meinem Sitz hin und her. Bei Regen war ich nur einmal Rad gefahren und so war ich umso nervöser. Wie reagieren das Rad und die Bremse und ich und die Leute herum? Schlimmer wurde es, als wir den Hügel in Bärenstein zum Start hochfuhren und ich das Kopfsteinpflaster sah…. Aus dem vorgenommenen Warmfahren wurde auch nichts, ich war viel zu aufgeregt, stopfte was in meine Trikottaschen, holte es wieder raus, zog mir eine Jacke an und sie gleich wieder aus – was nehme ich mit, zieh ich noch was an? (”Frauen”….werden jetzt wieder einige denken ) Das Fahrrad vom LKW abgeholt, kurz 500m gefahren, noch schnell ne Banane und nen Riegel gegessen und schon kamen die Langstreckenfahrer bei uns vorbei. Noch 10min bis zum Start. Ohgott, warum steh ich eigentlich so weit vorne??? Noch 5 min. Mist, nasses Kopfsteinpflaster bergab. 3min, 2 min, 1min, Startschuss. Pfui, riecht nach Silvesterknaller. Los geht’s, prima in die Klicker rein gekommen (jaja, Anfänger haben andere Probleme ) und den nassen Berg runter geschlichen. Gebrüll von hinten war mir wurscht. Nur nicht langlegen, puh, geschafft. Da war ich schon das 1. Mal breit . Nun mit für mich unglaublich schnellen 30km/h (jaja, lacht nur…) Richtung Altenberg. Es wurden 28, 26, 23km/h und ich zog immer noch ziemlich dicke Jungs hinter mir her. Wo die bei meinen 1,58 m Windschatten gefunden haben, ist mir ein Rätsel…. Anke, Angela und die Jungs waren außer Sichtweite – ich hätte bergab doch nicht so bummeln sollen. Mmm, ich hätte mich doch einfahren sollen, die Waden schmerzten etwas. Daaa: die Angela entdeckt! Noch ein bisschen geschnackt und weiter gefahren (sorry dass ich dich überholt hab….) Dann die Abfahrt von Altenberg, hui….schön, mal die Wadeln lockern, dann schon wieder in den Kurven aufpassen. Da, schon hoppelte ein Radler quer über die Wiese, der hatte die Kurve nicht gekriegt. Weiter geht’s in Richtung Bobbahn. Nur nicht zu viel Kraft verpulvern (pah, welche Kraft…? da war nicht mehr viel) Dann der Eingang: arrrghhh!!! Was um Himmels Willen ist das??? Da bin ich dann zum 1. Mal mit meinem Radel im Stehen gefahren…aber auch nicht lange…dann bin ich – abgestiegen. Lacht ruhig. Aber ich war nicht die einzige…und irgendwie war selbst das Schieben anstrengend. Für einige wenige Passagen traute ich mich noch mal aufs Rad, um kurz danach wieder abzusteigen und weiter zu schieben. Auch den letzten Anstieg schaffte ich auf dem Rad, wo mich oben Eric und Ulli begrüßten und mir die Trikottaschen mit Bananen und Äpfeln füllten. Anja das Beuteltier….. Mit ca. 10kg mehr Verpflegung (so kams mir vor) machte ich mich auf den weiteren Weg. Jetzt sollten die geraden Strecken folgen, die mir persönlich viel besser liegen als die Hügel. Dort konnte ich auch einige Fahrer überholen, auch ein Pärchen, was sich schön in meinem Windschatten ausruhte. Nachdem sie genug Kraft gesammelt hatten, überholten sie mich beim nächsten Stich mit einem Lächeln. Ich versuchte weiterhin meine Waden zu lockern, aber sie krampften immer wieder. Es gab nur 2 Varianten: 1. langsamer fahren und überhaupt ankommen. 2. voll fahren und irgendwo kurz vorm Ziel mit einem Wadenkrampf anhalten. Beides keine wirklichen Alternativen aber ich entschied mich für erstere. Die nächsten Kilometer bestritt ich dann entweder vollkommen allein oder (wieder) mit ner Packung Männer im Schlepptau. Und dann: endlich Possendorf. Endlich das Ziel in greifbarer Nähe. Endlich eine lange Abfahrt! Die Waden meinten: fahr noch langsamer! Also kullerte ich hinter jemandem im Windschatten bei einer gemütlichen 29 von Freital nach Dresden, überlebte das grauenhafte Kopfsteinpflaster der Zwickauer Straße und fuhr geschafft ins Ziel wo mich Michi schon freudestrahlend erwartete. Und: ich hab im Durchschnitt (inklusive Fahrrad-Schieben) doch meine angepeilte 27 erreicht! Also ich bin jedenfalls stolz auf mich. Und demnächst auch noch Vereinsmitglied
Die Anja