Mit soviel Leuten in einer Mannschaft (hinzu kam noch Grit, die in einem anderen Quartier übernachtete) müsste doch irgendein Erfolg zu erreichen sein? Am Sonnabend früh war die Euphorie erst mal etwas gedämpft, da es regnete. Doch die Zeit ließ sich trotzdem nutzen und als wir gleich zu Beginn der Öffnungszeit die Startunterlagen geholt hatten, waren dann auch die Straßen wieder trocken, der Himmel blau und noch genügend Zeit für 50km lockeres Einfahren. Am Abend gab es die übliche Nudelparty, die in Bad Reichenhall aber sehr positiv aus dem Rahmen fällt. Mit musikalischer Untermalung durch ein Orchester (!) schmeckte alles noch besser, als es so schon war.
Bei mir selbst war irgendetwas mit der Anmeldung schiefgegangen, so dass mein Name nicht in der Auflistung erschien. Das freundliche Angebot der Organisationsleitung für 55,-€ Nachmeldegebühr zu starten lehnte ich ebenso freundlich ab, da für mich die Alpencupwertung dieses Jahr ohnehin nicht relevant ist und beschloß, stattdessen auf eigene Faust mit Sandra mitzufahren, da sie diesmal weder auf Jonnys noch auf Lutz W.’s Unterstützung zählen konnte. Daher geschieht die Berichterstattung diesmal aus etwas anderer als der gewohnten Perspektive.
Der Sonntagmorgen brachte gutes Wetter und nach allen Vorbereitungen fuhren wir los in Richtung VIP-Startbereich (welch ein Gefühl, als sonstiger Normalo auch mal so spät und entspannt an den Start gehen zu können). Außer Luma wollten alle nur die kurze Distanz fahren, diesmal also Dominanz total auf der B-Strecke. Ich selbst wartete 2 Kreuzungen hinter der Startlinie auf das herannahende Fahrerfeld (und das in durchaus zahlreicher Gesellschaft, wie ich überrascht feststellen mußte), um mich gleich vorn in Sandra’s Nähe einzureihen. Es dauerte auch nicht lang, bis ich sie gefunden hatte; ebenso wie viele andere blau-weiße auch. An dieser Stelle muß unbedingt erklärt werden, wie intensiv sich Dirk trotz der großen geographischen Entfernung um Sandra’s BGL-Vorbereitung gekümmert hatte: Er hatte nämlich eine Tabelle der erstgelisteten Damen aus Sandra’s Kategorie in der Alpencup-Gesamtwertung inklusive Startnummern, Namen, Zeiten und Rängen angefertigt und dazu sogar noch Fotos der Konkurrentinnen kopiert. Wir konnten uns also die wichtigsten Leute schon vorher etwas einprägen, was auch nicht uninteressant war; lag Sandra doch mit nur wenigen Sekunden Vorsprung auf Rang 3! Und der sollte natürlich verteidigt werden.
Gleich am ersten Berg zog sich das Feld erwartungsgemäß enorm in die Länge. Die stärkeren Fahrer von uns würden vorn sicher kräftig mitmischen; ich sah mich noch eine Zeitlang nach auswendig gelernten Helmnummern um, fand in der Menge natürlich keine und ließ mich wieder zu Sandra zurückfallen. Wir fanden bald den richtigen Rhythmus und es ging gleichmäßig hinauf. Sandra unzufrieden mit sich selbst – doch wer meint nicht, besonders am Berg noch schneller vorankommen zu müssen? Oben ein kurzes Stück flach zum Ausruhen, dann in die erste Abfahrt hinein. Dort bot sich in einer engen Kurve leider ein trauriges Bild: Ausgerechnet Team Strassacker war gleich mit 4 Leuten von der Straße abgekommen; wie wir später erfuhren, musste einer von ihnen per Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen werden. Wir wünschen gute Besserung! Um es gleich vorwegzunehmen: Auch die Picardellics blieben von Stürzen nicht ganz verschont. In ein und derselben Kurve flogen zwei Fahrer – Namen werden hier nicht genannt – heraus, kamen aber glimpflicher als der Strassacker-Mann davon. Ironie des Schicksals dabei: Der erste verlor beim seinem Sturz eine Trinkflasche, konnte sie nicht mehr wieder finden und fuhr weiter. Als wenig später der nächste „eintraf“, sich wieder aufrappelte und umsah, fand er eine Trinkflasche, die ihm nicht gehörte, aber einen ihm bekannten Namen trug und nahm sie mit. Diese kleine Anekdote gab dem ganzen dann wenigstens noch einen etwas unterhaltsamen Beigeschmack.
Sandra und ich kamen später zum zweiten Anstieg; noch immer hatten wir keine Fahrerin gesehen, die ihr gefährlich werden könnte. An einer Labe kurz vor Ende des Berges fuhr Sandra allein weiter, während ich Flaschen und Trikottaschen wieder füllte und dann hinterherfuhr. Wieder bei ihr angekommen, war es passiert; die Viertplazierte war in der Abfahrt vorbeigefahren! Also erst mal ranfahren und dranbleiben, denn in der leichten weiteren Abfahrt wären wir nicht weggekommen. Die Gruppe wuchs allmählich bis auf ca. 20 Leute, aber es fiel uns auf, dass sie immer hinter Sandra blieb. Meine vage Idee, dass sie Sandra’s Gegenwart vielleicht noch nicht bemerkt hätte, entpuppte sich schnell als Seifenblase; die Begrüßung zwischen beiden war schon längst erfolgt. So ging es in einer gemeinsamen Gruppe bis nach Anger mit dem giftigen Anstieg um die Kirche herum. Ich hatte Sandra kräftig angefeuert und zu zweit fuhren wir an der Spitze der Gruppe durch den Ort mit seiner Steigung, aber später schlossen die anderen dann doch wieder auf. Also nach ein paar Kilometern letzter Versuch am Schlußanstieg in Gmaind, der unsere Gruppe dann auch ziemlich zerlegte und Sandra als Führende von beiden herauskommen sah, wenn auch nur mit kleinem Abstand. Die restlichen wenigen Kilometer zurück zum Ziel waren dann wie vorher, aber immer war Sandra weiter vorn in der Gruppe. 2 Kurven vor dem Ziel verließ ich wegen meiner nicht vorhandenen Startnummer die Strecke und feuerte sie noch mal an, aber ihre Gegnerin zeigte sich auch sehr fair, hatte auch am Schluß keine Attacken mehr geritten und stand im Ziel dazu, sich viel im Windschatten aufgehalten zu haben – sportliche Fairness, wie man sie sich öfters wünscht. So blieb es beim alten Stand von Alpencup-Rang 3; Tageswertung Platz 5, aber auch beim nächsten mal im Engadin wird es wieder spannend werden!
Bei den Herren sprang als bestes Resultat ein ansehnlicher Rang 7 für Erik heraus; und nur wenige Plätze dahinter folgten schon weitere blau-weiße Picardellics-Trikots. Die Plazierungen zusammengenommen reichten dann aus, um das gesamte Team bei der Siegerehrung auf die Bühne zu bringen und den Pokal für den 2.Platz in der Teamwertung der B-Strecke entgegennehmen zu können. Ein toller Erfolg, der nicht zuletzt auch durch die Hilfe von Anja und Gerd zustande kam, die am Start und an der Strecke halfen.
Martin