Buckow - ein kleiner Ort inmitten der Märkischen Schweiz, idyllisch gelegen in den weiten, grünen Wäldern, zwischen romantischen Seen, abseits vom Stress des Arbeitsalltag und gut zu erreichen über angenehm asphaltierte Straßen. Und dies, eben jener letzte Punkt ist nun nicht, das was uns üblicherweise von Brandenburg in Erinnerung bleibt. Aber wie gesagt, Buckow ist anders, ganz anders
Nachdem wir den Anreisehinweisen zum Radrennen, welche dem geneigten Leser, der interessierten Leserin netterweise auf der Homepage des Ortes bereitgestellt wurden, folge leisteten und die über Waldsieversdorf anreisten, besser: versuchten anzureisen, wurden wir von einem netten Uniformierten, gebeten über den Bollersdorfer Kreisel (voll geiler Name, oder?) zu fahren. Eben genauso, wie es noch heute im Web nicht empfohlen wird. Aber egal, die Mühen einer Diskussion mit Uniformen scheuend, setzten wir uns wieder in Bewegung, trieben unseren motorisierten Untersatz auf die Strecke und glaubten, mit dem Umweg über 3/4 der Rennstrecke im Bilde zu sein, von dem was uns erwartet: Kein Pflaster, leichte Steigungen, kalkulierbare Kurven, eine vollgesperrte Rennstrecke.
Unsere Vorjahresdelegation zu dem Rennen berichtete damals noch beeindruckt und stotternd von Pflasterabschnitten, die alles bekannte in den Schatten stellten: Feldsteinpflaster, mit der schmalen Seite nach oben, der Steinabstand beträgt mindestens das doppelte des Höhenunterschiedes zwischen benachbarten Steine und ist nie kleiner als ein Drittel der Steinlänge. Und von diesen Abschnitten sollte es mehrere geben. Aber wie gesagt, es war nichts zu sehen und die Gerüchte über Straßenbaumaßnahmen fanden vor Ort ihre Bestätigung.Das echte Männerrennen war bereits im Gange und wir folgten deshalb dem langen Konvoi am Ende des Feldes durch den kurvenreichen Wald (später vom Sprecher als “Serpentinen” bezeichnet), suchten uns einen Parkplatz und den Rest der Picardellics. Gefunden und umgezogen machten wir uns in der verbleibenden halben Stunde vorm Start noch schnell auf den Weg, die Rennstrecke wenigstens einmal komplett abzufahren. Vorbei am Zielbereich durch den beschaulichen Ort, hindurch zwischen erstaunlich vielen Zuschauern, eine leichte Steigung überwindend, wand sich die Straße nach rechts und, ja und hier überraschte uns mit Pflaster, wie oben beschrieben. Ahja, der rechte Asphaltstreifen war dann auch nur Schotter, tief genug, das ein Rad auch selbständig stehen kann. Zum Glück ging es etwas bergab und ein wenig Pflaster ist ja nun nicht wirklich ein Grund uns aufhalten zu können. Leider, leider setzte sich das Pflaster in der folgenden Steigung fort und wurde zusätzlich durch feinsten märkischen Sand, aufgewertet. Glück hatte hier, wer schon als Kind mit dem Rad am Strand geübt hatte und dabei ausreichend und dauerhaft Oberarmmuskulatur (stört im Wind, aber die Frauen lieben es) ausgebildet hatte. Durch eine Baustelle wurde der gepflasterete Berich auf ca.die halbe Straßenbreite eingeschränkt, gesäumt von einem guten halben Meter breiten (und tiefen) Streifen gelben Sandes. Wir 6 Picardellics konnten uns jedoch verlustfrei über dies kritische und später sicher rennentscheidente Stück der Strecke bringen und mußten jetzt die Stelle nur noch viermal passieren. Auf dem Weg durch den Wald kreiselten wir ein wenig und versuchten dabei den Puls sowie den restlichen Körper auf das bevorstehende Geritze einzustellen. Lutz W. vermeldete dabei einen spürbaren Unwillen seines Leibes und wollte mit dem Fahren im Grenzbereich lieber noch etwas warten. Das passte nicht ganz in unsere Taktik, nach der Lutz W. das Tempo der ersten Runde essentiel bestimmen sollte. Aber wir waren und sind geduldig und harrten der Dinge die kommen würden.
Picco drehte inzwischen schon seine Runden durch die grünen märkischen Wiesen und distanzierte Stück für Stück die anderen MTB Fahrer. Zurück am Start versuchten wir gleich den anderen 200 Startwilligen Rennfahrern der Hobbyklasse, Verzeihung, der Jedermänner, einen vernünftigen Startplatz, dicht an der Linie, zu erhalten. Dies wurde durch das noch laufende Männerrennen erschwert, da die Rennstrecke von zunehmend verzweifelteren Helfern bis zum Eintreffen der letzten beiden Fahrer freigehalten wurde. Nachdem diese das Ziel passierten war dann auch sekundenschnell die Straße dicht und das Feld drückte sich in den Startbereich.
Wir sind alle glücklich und wohlbehalten gestartet, konnten zum tempomachenden Team “ferox bikekult” aufschließen und schossen in die erste Rechtskurve. Durch das hohe Tempo war das Feld übersichtlich und lang gezogen, nur vereinzelte Fahrer blieben seitlich im Sand stecken, fielen um oder stiegen ab. Auf dem Pflaster war es nicht wirklich schön mit 10 bar (aber wie sich später zeigen sollte sicher) und vor allem schneller als im losen Sand am Straßenrand. Das Feld kam deutlich dezimiert nach diesem Abschnitt an, ging dann leicht gedrosselt in die Steigung und versuchte tief atmend, den Sand aus Augen Nase, Mund und Gehörgängen zu bekommen. Auf dem Weg zum Bollersdorfer Kreisel gingen zwei Fahrer. Noch etwas viel Sand in den Augen und Frust im Herzen, konnte ich nicht wirklich scharf abbilden und stieg deshalb hinterher. Ein Fehler wie sich bei der Annäherung zeigte: Sicher muß man sich nicht die Beine rasieren, graue Socken tragen, man kann auch durchaus sein Rad bei einem billigen Versender bestellen, und man darf auch mit einer oder mehreren großen Trinkflasche ins Rennen gehen, aber wenn all diese an sich harmlosen Faktoren zusammenkommen, bilden sich ruckzuck Vorurteile (die das Leben stark vereinfachen), die dann oft Ihre Bestätigung finden, leider. Der zweite Mitfahrer war zudem erst bei genauem Hinsehen als Fahrer des oben genannten Teams zu erkennen. In dem Team gibt es wahrscheinlich die Trikots erstmal ohne Aufschrift, bis man sich bewährt hat und erst später die Vereinsaufschrift aufs Trikot. Dementsprechend klappten die Wechsel eher nicht und das Tempo war beschaulicher Art, doch das Feld lies uns ziehen. Nach vielleicht 1000 Metern ging Dynamics aus der Führung und nach den Worten “das Feld kommt” wart er nicht mehr gesehen. Verblüfft drehte ich mich um und sah das Feld … nach wie vor ca. 300 Meter hinter uns hertrödeln…. Mit den inzwischen erlangten Kenntnissen zur Trikotregelung bei ferox bikekult, ist mir nun auch klar, warum der verbleibende Fahrer nicht führen wollte und stattdessen lieber auf die Länge der noch zu bewältigenden Strecke verwies. Zum Glück schloß wenig später ein Sebnitzer Fahrer im Pirnaer Trikot auf und beteiligte sich intensiv und nachhaltig aber leider ruckelig an der Tempogestaltung.
Am Berg kommt es ab und an vor, das ein Fahrer, ein erschöpfter Faher sein Rad beim Aufstehen nach hinten schiebt. Damit rechnet man, das ist naja, nicht ok, aber man lebt damit. Wenn dergleichen jedoch bei Tempo 45 in der Ebene geschieht wird es Mist, exakter: ein Sturz. Der Sebnitzer ging für mich völlig unerwartet aus dem Sattel als ich bei Rückenwind an seinem Hinterrad klebte, ich verriss nach links und der ferox-Fahrer ging zu Boden. Tut mir echt und aufrichtig leid!! Zu zweit ging es noch ein wenig weiter, bis wir dann an dem Pflasterstück geholt wurden. Im Feld waren leider gar nicht mehr so viele Picardellics, hatte doch das Pflaster für erste Plattfüße gesorgt. Eric und Dirk informierten mich über die Ausfälle der anderen beiden Fahrer. Das Tempo blieb im Bereich einer straffen Trainingsfahrt und ich konnte etwas Laktat abbauen. Nach der zweiten Zieldurchfahrt stand für mich sehr überraschend und unvermittelt ein allgegenwärtiger ferox-Fahrer im Weg, mitten auf der Straße in einem Radrennen, ohne jegliche sichtbare Ambitionen sich weiter in Fahrrichtung bewegen zu wollen. Ich hatte vergessen, das es zwei Rennen gab: 52 km und 26 km, damit war halt für die teilnehmenden Frauen, Kinder aber auch Männer, die sich dessen nicht schämten, nach der zweiten Runde Schluß und dies hatte ich völlig vergessen. Es ging gut aus, ich kam wieder in Schwung und war nach kurzer Aufholjagt wieder am Feld dran, um mich übers Pflaster zu beißen.
Auf der dritten Pflasterpassage hat es dann Dirk erwischt, Durchschlag trotz Schlauchreifen, jetzt wurde ich doch nervös. Weiter ging es mit Eric, der ab und an mal die anderen Fahrer testete und vorsichtig das Leistungsvermögen prüfte. Die Berliner reagierten immer sofort und verbindlich, hatten die Sache schön (leider) unter Kontrolle. Nach der letzten Pflasterüberquerung begab ich mich neben Eric, wollte mit ihm die weitere Taktik absprechen Plötzlich haut Eric laut fluchend auf den Lenker: Platten. Da Eric aufgrund seiner Jugend und der fehlenden schlechten Erfahrungen sicher prädistinierter für die drohende Sprintankunft war, als ich alter Sack, sprang ich vom Rad, schob Eric ab und wollte sein Rad zurückschieben. Pech waren nur die unterschiedlichen Pedalsysteme: Shimano SL passt eben nicht zu Look Keo. Eric also wieder runter von meinem Rad und Schnellerspanner auf und, ja das gibt es doch nicht, sind doch an Erics Rad noch die Flachzangennulpeschnellspannsicherungen dran. Nun fluche auch ich laut und schraube am Schnellspanner und dann schraube ich nochmal beim Einspannen. Ein Blick hoch zum Fahrerfeld zeigt gerade die letzten Fahrer um die Kurve huschen, gut 200 m weiter vorn… Kotze, Kotze, Kotze. Zurück am Start/Ziel muß ich sehen, das Eric den Rest der Runde hinterhergehetzt ist und für den Ausgang des Rennens keine Rolle mehr spielte. Schade.
Damit ist lediglich Grit schadensfrei über die gesamte Distanz gekommen. Lutz W. hat seinen Reifen gewechselt und ist dann das Rennen einsam und allein zu Ende gefahren. Jan hat sich das Hinterad von Thomas D. gegriffen und ist auf Sichtweite hinter dem Hauptfeld hergehetzt . Wenigstens hat sich Picco inzwischen den ersten Platz des MTB-Rennens geholt, so dass das Wochenende doch kein völliges Desaster war.
Wenn nächtes Jahr die Baustelle Geschichte sein wird, fehlt dem Rennen ein prägender Faktor. Sicher wird es viel, viel schneller werden. Eric hat inzwischen die Sicherungen abgefeilt und seine vertanen Chancen verarbeitet. Dank unseres guten Gedächtnisses wird die Geschichte jedoch noch so manche Trainingsausfahrt, manch gemeinsamen Abend würzen und mich über einige gegen Eric verlorene Sprints hinwegtrösten;-)
Wir sind gespannt und kommen wieder nach Buckow.
thoR