Saisoneinstieg, Saisonhöhepunkt und Saisonfinale
Bis zum Renntag erwartete ich täglich die Absage. Dennoch stellte sich in der Woche vor dem Rennen dann das übliche „It‘s Raceweek“- Gefühl ein. Aufregung, Material checken, Sachen packen, alles nochmal kontrollieren usw.. Zum Glück mussten die Kinder zu dem einen oder anderen Training gefahren werden, so dass etwas Ablenkung da war.
Nach einer staureichen Anreise ging es zur Corona – konformen Anmeldung. Das Ganze war echt super organisiert. Danach habe ich mir noch einen Überblick über die Wechselzone verschafft. Mit meiner Startnummer 1002 hatte ich es leicht meinen Wechselplatz zu finden, es war der zweite vom Eingang aus gesehen. Danach noch eine kurzer Blick auf den See, die Wendebojen waren noch nicht installiert, und ab in die Pension. Noch ein kurzer Lauf zum Beine lockern, Abend essen, Flaschen füllen und ab ins Bett.
4:00Uhr der Wecker klingelt. Aufstehen, kurzes Frühstück und los geht‘s zum Dreiweiberner See.
Am Parkplatz angekommen will ich auf die Uhr schauen, doch der Garmin macht keinen Mucks. Der Akku zeigt 0%, obwohl er am Abend voll geladen war. Also, das Ding an die Powerbank hängen und hoffen, dass er noch geladen wird, bis zum Start. Das fängt ja gut an. Wenigsten funktioniert der Rest und los geht‘s zum Bike Check-In.
Das erste Mal seit über einem Jahr wieder den Wechselplatz einrichten – Routine geht anders. Schuhe ans Rad und mit Gummis befestigen. Laufschuhe, Socken, Kappe und Sonnenbrille bereit legen. Verpflegung für den Wechsel und das Laufen positionieren. Startnummer und Helm ans Rad. Alles noch mindestens 10x prüfen und hoffen, das alles passt. Danach Eigenverpflegung für die Laufstrecke abgeben und aufs Schwimmen vorbereiten.
Nach einem kurzen Einlaufen und einem kleinen Aufwärmprogramm zwänge ich mich in den Neo.
Das Wasser hat zum Glück nur knapp 22°C – also darf mit Neoprenanzug geschwommen werden.
Los geht‘s zum Schwimmstart. Die Aufregung steigt. Ein kurzes Einschwimmen. Brille putzen. Badekappe auf. Brille richten. Aufregung…
Endlich der Start. In der Startbox stehen 30 Starter mit je 2m Abstand in jede Richtung. Aufgrund meiner Startnummer bin ich in der ersten Startgruppe und gehe in die erste Reihe. Ob das eine gute Idee war? Und plötzlich geht alles sehr schnell 5...4...3...2...1...START. Ich bin als zweiter im Wasser. Das war‘s dann aber auch mit dem guten Gefühl beim Schwimmen. Es lief nix zusammen. Gefühlt haben mich alle Teilnehmer überholt. Der Weg bis zu ersten Wendeboje sah endlos aus. Kampf. Von meiner angepeilten Zielzeit bin ich meilenweit weg. Nach 1:35h steige ich völlig platt aus dem Wasser und rufe Ines noch zu „Das wird ein langer Tag“.
Im Wechselgarten stehen fast keine Räder mehr… Der Wechsel aufs Rad läuft aber gut und ich bin froh endlich Radfahren zu dürfen. Dachte ich zumindest. In der ersten Radrunde habe ich alle mögliche Muskeln im Rücken und Nacken gespürt, die nicht wirklich gern in der Aeroposition verharren wollten. Auch die Beine hatte ich beim Schwimmen mehr genutzt als gedacht. Aber mit jedem überholten Fahrer ging es besser. Der Kurs war sehr ehrlich, das heißt, es gab keine Stelle zum Ausruhen. Eine flache, sehr windige Runde mit nur leichte Wellen. Also immer schön das Blatt rum drücken und in Aeroposition bleiben. Das ging soweit ganz gut. Die Runden gingen mehr oder weniger schnell dahin. Gegen Ende meiner 4. Runde kamen dann die Starter der Mitteldistanz auf die Strecke. In meiner 5. Runde musste ich deshalb häufiger auf die Windschattenregel achten. So langsam machte sich die Renndauer bemerkbar. Es zwickte mal hier, mal da. Ich war froh, wenn ich einen Grund hatte, die Aeroposition zu verlassen, sei es eine enge Kurve (oder eine die ich als eng definierte) oder um die hinteren Trinkflaschen zu greifen oder oder oder …
Nachdem ich in den letzten beiden Radrunden aber immer noch Fahrer der Mitteldistanz überholen konnte, stieg meine Moral wieder. Kurz vorm 2. Wechsel habe ich dann doch mal die Kilometer auf dem Garmin geprüft, um nicht evtl. eine Runde zu wenig zu fahren. Die Motivation stieg nochmals - gut 5h standen zu buchen. Besser als gedacht. Entsprechend ging ich den letzten Wechsel an. Nach dem Abzweig in den Wechselgarten, Schuhe auf und barfuß auf diese stellen. Noch 50m bis zur Wechselzone. Das Bein über den Sattel nehmen. Bremsen, abspringen und laufen. Der spannendste Moment war, wie fühlt sich das Laufen nach 180km Radfahren an. Dann geht alles sehr schnell und es fühlt sich deutlich besser an, als letztes Jahr auf der Mitteldistanz an.
2. Wechsel - Rad hinhängen, Sand von den Füßen machen, Schuhe an, Helm ab, Gels, Kappe und Brille greifen und los.
Mein erster Marathon hatte begonnen. Ich war sehr gespannt wie sich das anfühlen würde. Kurzer Stopp bei der ersten Verpflegung, etwas trinken und den Anzug nass machen. Weiter. Ich versuche mein Tempo zu kontrollieren, um nicht zu schnell los zu laufen. Das gelingt mir soweit. Die Runde ist eigentlich flach, doch gibt es hier und da ganz leichte Steigungen, die ich jetzt doch deutlich spüre. Egal weiter laufen. Ab und zu mache ich ein paar Lockerungsübungen für meinen Rücken und die Schultern, die ich jetzt doch deutlich spüre. Aber je länger die Strecke, desto mehr verlagert sich das Schmerzgefühl in die Beine. Die Hälfte ist geschafft. Ich bin in der vorletzten Runde. Das Rennen findet mittlerweile nur noch im Kopf statt. Meine Beine haben schon lange keine Lust mehr. Motivation geben die Helfer an den Verpflegungsstellen, hier und da ein eingeholter Läufer und Ines, die mich den ganzen Tag angefeuert hat. Und so bin ich in der letzten Runde. Nur noch etwas über 10km. Ab der letzten Verpflegungsstelle stoße ich in neue Sphären vor, so weit bin ich noch nie gelaufen. Mein längster Lauf bis dahin war 35km.
Im Kopf rechne ich Kilometerzeiten hoch, setzte sie ins Verhältnis zum Gefühl in meinen Beinen. Es wird knapp mit einer 10er Zeit. Kampf. Schmerz. Hoffnung.
Der letzte Kilometer bricht an. Unglaublich. Es sind doch einige Zuschauer und Ines kurz vorm Ziel die mich noch einmal anfeuern. Es fühlt sich plötzlich relativ locker an. Und ich „fliege“ dem Ziel entgegen. Jetzt darf ich den Abzweig zum Ziel nehmen und zack – es ist geschafft. Nach 11:01:24 Stunden - knapp die 10 Stunden Marke verpasst, aber egal. Meine erste Langdistanz ist geschafft.
So platt war ich, glaube ich, noch nie. Die Oberschenkel brennen. Hinsetzen und Aufstehen ist eine echte Herausforderung. „Nie wieder“, denke ich nach dem Rennen. Doch schon Sonntag Mittag kommen die ersten Gedanken, das geht noch besser, hier ist noch Potential usw.. Und am Mittwoch öffnet die Anmeldung für den Ironman Frankfurt ….
Fazit: Eine wirklich super organisierte Veranstaltung. Den Knappenman kann ich nur empfehlen.
Eine Langdistanz hat ihre eigenen Regeln. Und der Spruch: „Sei in der ersten Hälfte kein Dummkopf und in der zweiten kein Weichei.“, trifft voll zu.
Vielen Dank an meine Familie und vor allem Ines, die mich die ganze Zeit in der Vorbereitung und bei dem Rennen unterstützt haben.
Infos unter:
www.knappenman.de
Danny
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